Geschichte der Arbeiter:innenbewegung am Zentralfriedhof

Samstag Nachmittag bei Sonnenschein, ideale Voraussetzungen in die Geschichte der Arbeiter:innenbewegung einzutauchen. Diemal mit der jüngsten Teilnehmerin überhaupt. Danke an die Eltern und Großeltern.

Beim Gehen von Denkmal , zu Gedenktafel und beim Innehalten vor Gräbern,
beim Nachdenken über Lebensschicksale und Todesarten,
über die Grausamkeiten der Täter, über die Schmerzen und das Leid der Opfer
wird der Zentralfriedhof für mich ein Höllenschlund und ein Ort der Erkenntnis zugleich.
In mir wächst eine Gewissheit, dass die Kräfte jener Menschen die Widerstand gegen Autokraten, Monarchen, Austrofaschisten und die Nazidiktatur leisteten weiter wachsen wird in uns, wenn wir an sie gedenken und ihre Geschichten weiter tragen.1


Ehrengräber der Sozialdemokratie
Grabdenkmal schuf Hubert Gessner. Es wurde am 7.11.1926 enthüllt. 3

Arbeiterzeitung4

Hinter dem Obelisken liegen die von Habsburg besiegten Kämpfer für Preßfreiheit und Verfassung im monarchistischen Staat, aber unter den Platten, die die Namen unserer teuren Toten tragen, liegen die Besieger Habsburgs, liegt Pernerstorfer, der die Entthronung Habsburgs vorbereiten half, liegt Adler, der sie durchgeführt hat. Nein es ist kein Zufall der Weltgeschichte, daß unsete großen Toten angesichts des März-Obelisken liegen!

Gedenkstätte der Sozialdemokratie – Victor Adler
Victor Adler – Hofrat der Revolution
Strenge Arreststrafe und Nahrungsentzug am 1. Mai 1890
Victor Adler und die ZiegelarbeiterInnen

Gedenkstätte der Sozialdemokratie – Friedrich Adler

Gedenkstätte der Sozialdemokratie – Karl Seitz

Die Bespitzelung des sozialdemokratischen Abgeordneten Engelbert Pernerstorfer durch Regierungsbeamte

Arbeiterzeitung 6. Mai 18925

Gedenkstätte zum 12. Februar 1934

G. E. R. Gedye, der bekannte englische Journalist, war 1934 in Wien Berichterstatter der konservativen Zeitung „Daily Telegraph“. In seinem Buch „Gefallene Bastionen“, das 1939 erschien, schildert er Schritt für Schritt den Untergang Zentraleuropas unter dem An-sturm des Faschismus. Wir entnehmen dem Buch, das in der Welt großen Eindruck machte und in mehrere Sprachen über-
setzt wurde, folgende kurze Schilderung seiner Eindrücke vom
12. Februar 1934 in Wien.

Der Verfasser ist jetzt wieder in Wien als Berichterstat-ter des „Daily Telegraph“:

Diese furchtbare Nacht vom 12. auf den 13. Februar bedeutete für mich als Journalisten einen „sensationellen Bericht“.
Sie bedeutete für mich noch etwas anderes. Sie beseitigte jeden Zweifel darüber, auf welcher Seite ich stehen würde, falls die grausame, heimtückische Bestie Faschismus in meinem eigenen Land jemals ihre Fangzähne fletschen sollte.
Schon schien sie heimlich ihre Klauen zu schärfen. Um zwei oder drei Uhr früh hatte ich den ganzen Bericht durchgegeben, ich war todmüde. Aber ich konnte nicht schlafen. Das bumm-bumm-bumm der Granaten, die in die Wohnungen der Arbeiter und ihrer Familien einschlugen, hörte nicht auf. Es klang gedämpft, es hätte einen nicht im Schlaf gestört, hätte man nicht an das höllische Tun denken müssen, das es bedeutete.

Sechs Jahre zuvor, an den freundlichen Ufern des Wörther Sees, hatte mir ein pensionierter, österreichischer General, den ich gut kannte, gesagt:

„Eines Tages werden wir mit der Geschichte in Wien ein Ende machen, so oder so. Parkettböden und Duschbäder für Arbeiter, na freilich — warum nicht gleich Perserteppiche im Schweinestall und die Sau mit Kaviar füttern?“

Nun, in dieser Nacht wurde „der Geschichte in Wien“ ein Ende gemacht, und die Mittel, die dazu angewendet wurden, schienen mir nicht die besten.
Es war nicht so sehr das Töten, das sich mir so unauslöschlich ein-prägte, denn ich hatte schon früher mehr als einmal töten gesehen. Was ich während jener Nacht des Grauens nicht vergessen konnte, das war die ruchlose Zerstörung eines großen, weltbekannten Beispiels, deren Zeuge ich sein musste: Wie geist- und phantasielose Selbstsucht niedertrampeln durfte, was selbstlose Idealisten und wissenschaftliche Reformer der großen Masse meiner Mitmenschen geben wollten.
Etwas von den schönen Dingen des Lebens, die ich für mich selbst forderte: Ein helles Heim, Sonne und Luft, den Ausblick auf ein Stückchen Grün aus dem Fenster, anständige sanitäre Einrichtungen, einfache Waschgelegenheiten zur Reinhaltung des Körpers, Spielplätze für die Kinder, fern von den Gefahren des Verkehrs, ärztliche Hilfe, wenn es darauf ankam.
Und all das nicht als Wohltat, für die der Empfänger demütig und respektvoll zu danken hat, sondern als anerkannte Pflicht der Gemeinschaft, selbst um den Preis von etwas weniger überflüssigem Luxus und übermäßigem Reichtum für die dünne Schicht der ganz Reichen.
Und diese hellen Traumstätten mit ihrer Verheißung für die ganze Welt, all das, was aus dem Dschungel der Elendsquartiere, aus Schmutz und Abhängigkeit emporgestiegen war –  das trampelten in dieser Nacht die Bestien, die seine Existenz nicht dulden wollten, wieder in den Dschungel zurück.

12. Februar 1934 
Schwechater Gendarmen streckten 1934 Rudolf Spirik mit Dum-Dum Geschossen nieder
Februar 1934 – Geschnitzt aus Widerstand
Austrofaschismus in Walding 1934
Februar 1934 in Wien
Otto Bauer über den Februar 1934
Bücher zum Februar 1934
Frauen in den Februarkämpfen
Karl Münichreiter (1891-1934) 
Februargedenken 2023 im Gerl-Hof
„Tag des Widerstandes gegen den Austrofaschismus“
12. Februar 1934 im Georg Washington-Ho
Der lange Schatten des Faschismus

Gedenkstätte Spanienkämpfer

Wir, im fernen Vaterland geboren,
Nahmen nichts als Hass im Herzen mit.
Doch wir haben die Heimat nicht verloren
Uns’re Heimat ist heute vor Madrid.
Doch wir haben die Heimat nicht verloren,
Uns’re Heimat ist heute vor Madrid.
Spaniens Brüder steh’n auf der Barrikade.
Uns’re Brüder sind Bauer und Prolet.
Vorwärts, internationale Brigade!
Hoch die Fahne der Solidarität!
Vorwärts, internationale Brigade!
Hoch die Fahne der Solidarität!6

Aus dem Buch die Zerstörung der Demokratie7

Mehr dazu unter Spanienkämpfer

Zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus 1934 – 1945

Am Rundplatz vor der Gruppe 41 befindet sich ein Mahnmal der Stadt Wien – die zentrale Gedächtnisstätte für die Opfer des Faschismus.
Am Allerheiligentag des Jahres 1948 enthüllt, ist das von den Architekten Wilhelm und Margarethe Schütte-Lihotzky und dem Bildhauer Fritz Cremer gestaltete Denkmal mit seiner Aufschrift

Den Opfern für ein freies Österreich 1934 – 1945

Festveranstaltung zum 50jährigen Gedenken an den Februar 1934

Juli 1927

Hans Hautmann: Klassenjustiz in der Ersten Republik

Die Ereignisse des 15. Juli 1927 in Wien sind ohne die Vorgeschichte nicht zu verstehen, und mein einleitendes Referat widmet sich dieser Vorgeschichte. Der spontane Ausbruch der Massenempörung der Wiener Arbeiterschaft an diesem Tag war nämlich in erster Linie eine Reaktion auf Gerichtsurteile, die bereits in den Jahren vorher wachsende Verbitterung und Wut hervorgerufen hatten, so sehr, dass das Urteil im Schattendorf-Prozess dann das Fass endgültig zum Überlaufen brachte.8

Tschechischer und Slowakischer Widerstand

Mahnmal für die Opfer des Widerstands der tschechischen und slowakischen Minderheit in Wien
Zwischen 1940 und 1945 wurden 69 Wiener Tschechen von den Nationalsozialisten als Volksfeinde hingerichtet, an sie erinnert heute auf dem Wiener Zentralfriedhof ein Mahnmal.

Das Mahnmal wurde 6. Juli 1946 enthüllt.
Stifter: Tschechoslowakische Sektion der KPÖ

Den Opfern des Faschismus
Den Kämpfern für Ehre und Freiheit
Wir bleiben treu

Margarethe Schütte – Lihotzky
Architektin – Widerstandskämpferin – Aktivistin

Schütte-Lihotzky sei „oft die Erste“ gewesen, so Horncastle – „die erste weibliche Architekturstudentin in Österreich und lange auch die erste Frau, die in diesem Beruf arbeitet und erfolgreich ist“.

Die Schauspielerin Katharin Stemberger sagte bei einer Matinee über Margarethe Schütte-Lihotzky

Ihr Schicksal berührt und empört mich. Sie war im Widerstand, überstand Gestapo-Haft und Todesurteil, aber bekam nach ihrer Rückkehr nach Österreich 1945, weil den Kommunisten zugeordnet, nie mehr einen Auftrag.

Barbara Prammer

Johanna Dohnal

Rosa Jochmann

Nach den Februarkämpfen 1934 und dem Verbot der SDAP gelang es Jochmann bis in den August, mit einer gefälschten Identität der Verhaftung zu entgehen.

Politische Haft und KZ

Nach dem Parteiverbot war Rosa Jochmann unter dem Decknamen Josefine Drechsler aktiv und am Aufbau der illegalen Revolutionären Sozialisten maßgeblich beteiligt. 1934 wurde sie bei einer Untergrundaktion verhaftet und zu einem Jahr Kerker und drei Monaten Polizeistrafe verurteilt.


Quellenverzeichnis

  1. Diese Zeilen schrieb ich nach dem Lesen der Zeilen auf der Rückseite von Erich Hackel über “Gedenken und Mahnen in Wien 1934 – 1945” – Band 2 (Ergänzungsband) vom DÖW, Wien 2001 ↩︎
  2. Auszug aus dem Brief von Robert Blum an seine Frau in den letzten Oktobertagen 1848 ↩︎
  3. Geschichten und Geschichtliches rund um den Zentralfriedhof – Blog von Karin Kiradi ↩︎
  4. ÖNB – digitalrs Archiv, Arbeiterzeitung am 8. November 1926, Seite 1 ↩︎
  5. ÖNB – digitales Archiv, Arbeiterzeitung am 6. Mai 1892, Seite 4 ↩︎
  6. Lied der Internationalen Brigaden – 1. Strophe – (Melodie nach Rafael Espinosa und Carlos Palacio, Text von Erich Weinert) ↩︎
  7. Die Zerstörung der Demokratie, Hrsg. Bernhard Hachleitner, Alfred Pfoser, Katharina Prager und Werner Michael Schwarz, Residenzverlag, Seite 285, ISBN 9-783701-735877 ↩︎
  8. Seite 35 aus der Broschüre – Die Wiener Julitag von 1927 von Julius Braunthal. Die Broschüre versenden wir gerne per pdf-Datei an Interessierte. ↩︎

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