Geschichte bei Regen und Marathon

Am Nachmittag waren wir mit einer tollen Gruppe in Sachen SOKO-Habsburg unterwegs. Wie üblich starteten wir beim Denkmal von “Maria Theresia”. Kurz nach Beginn suchten wir wegen des heftigen Regen Schutz bei der Einfahrt des Kunsthistorischen Museum. Hier störte sich ein Portier:in daran, dass wir im Eingang standen zwar niemanden behinderten, dies aber nicht öffentlicher Raum sei. Darauf hin wurden die großen Tore verschlossen und wir standen wir Torwächter:innen vor dem Haus.
Angenehmer war es bei Franz Josef I. hier schafften wir die Station halbwegs regenfrei. Bei Joseph II flüchteten wir in die Hofburg, denn es schüttete richtig.
Wegen des schlechten Wetters gab es dann noch eine Kurzzusammenfassung der nächsten Stationen und wir beendeten die Geschichtetour. Herzlichen Dank an alle, dass sie mit uns den widrigen Bedingungen getrotzt haben.

Vertreibung, Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung durch die Habsburger

Am 23. Mai 1420 wurden auf Befehl Herzog Albrechts V. sämtliche Juden in Wien undNiederösterreich verhaftet. In der Folge kam es zu Folter, Zwangstaufen, zu Ausweisungen und im März 1421 schließlich zur Hinrichtung von über zweihundert verbliebenen Juden auf dem Scheiterhaufen in Erdberg.

In der von Herzog Ernst regierten Steiermark blieben die Juden unbehelligt. Albrechts Sohn Ladislaus Postumus setzte die judenfeindliche Politik seines Vaters fort und vertrieb die Juden aus Olmütz, Brünn, Znaim, Breslau und anderen Orten in Mähren und Schlesien.

Das Ghetto im Unteren Werd1 in der heutigen Leopoldstadt wurde 1624 gegründet und existierte bis 1670. Zuvor hatten die Juden in Wien seit dem 12. Jahrhundert unter dem dort herrschenden Antijudaismus gelitten. Immer dann, wann die Stadt Wien Geld brauchte, hatte die jüdische Bevölkerung im Ghetto2 Beitragszahlungen zu leisten. Das Ghetto wurde infolge einer Siedlungskrise nach dem Dreißigjährigen Krieg gegründet. Bis 1669 wurden 136 Häuser auf dem Gebiet errichtet, darunter zwei Synagogen („Alte Synagoge“ und „Neue Synagoge“). Außerdem gab es ein Gemeindehaus, ein Krankenhaus, ein Wachhaus und mehrere Bildungszentren. Außerhalb des Ghettos waren die Ärzte sehr angesehen, auch das Studierhaus erhielt Anerkennung. Im Laufe der Zeit führten schlechte sanitäre Verhältnisse zu Massenerkrankungen an Pest, Typhus und Pocken, außerdem kam es zur Verfolgung durch Christen.3

Nach der Beschuldigung eines „Ritualmordes“ artete die Situation im Ghetto aus: Mehrmalige Überfälle, Verwüstungen vieler Anlagen und Brände schockierten die jüdische Bevölkerung. Ab 26. Juni 1668 war es den im Ghetto lebenden Juden verboten, das Gebiet zu verlassen. Nach der Austreibung von Juden aus der Leopoldstadt am 25. Juli 1670 durch Anordnung von Kaiser Leopold I., welche gleichzeitig die Stadt Wien verpflichtete, dieses Areal anzukaufen, wurde die Neue Synagoge niedergerissen und an ihrer Stelle die Leopoldskirche in der Großen Pfarrgasse errichtet. Dies war eine Auflage des Kaisers an die Gemeinde Wien, welche das auch finanzieren musste. Dieser Teil der Leopoldstadt wurde somit der erste Stadtteil von Wien außerhalb der bisherigen Stadtmauern.

„Sie packen ihr Hab und Gut in Kisten, in Bündel, alles auf Wagen und Esel und verlassen unter Jubelgeschrei der Christen (…) ihre Wohnungen und Zimmer auf dem Kienmarkt, im Judengässl, auf dem Bauernmarkt oder im Kochgässl.”4

Maria Theresia weist 1745 die Juden aus Prag aus und beschränkt die Zahl der jüdischen Bevölkerung in Böhmen und Mähren durch Heiratslizenzen in Relation zur Sterberate (Familiantengesetze5 wurden 1849 abgeschafft).6

Das Novemberpogrom 1744
Im September 1744 besetzt der preußische Kaiser Friedrich II Prag. Nach zwei Monaten kam es nach dem Abzug der preußischen Truppen durch ungarische und kroatische Soldaten der Habsburger zu Plünderungen und Verwüstungen bei denen 15 Menschen den Tod fanden.
Am 18.12. 1744 befiehlt MT7, dass alle Juden (ca. 10.000 Personen) Prag und Böhmen bis Ende Jänner 1745 verlassen müssen. Der Befehl wurde auch auf die 30.000 böhmischen Landjuden ausgeweitet. Ärgste soziale Zustände mitten im Winter. Im April 1745 wurde der Befehl erweitert, dass die Vertriebenen sich auch nicht in Mähren niederlassen dürfen.
Im Mai 1745 wird wegen der Schwierigkeiten bei der Verwaltung der Aussiedlung eine vorläufiges, unbefristetes Aufenthaltsrecht zugestanden.
Nachdem die Verwaltung nur zögerlich der Aussiedlung nachkommt macht MT am 25. Juni 1745 das Militär für die Vertreibung verantwortlich. Durch die intensive wirtschaftliche Verzahnung der jüd. Bevölkerung in ganz Böhmen und Mähren verändert sie den Befehl am 4. August 1746, dass die Ausweisung innerhalb der nächsten 6 Jahre schrittweise zu erfolgen hat. Königshäuser aus ganz Europa intervenierten bei MT, dass sie diese Regelungen zurücknehmen soll. Der große wirtschaftliche Schaden führte dazu, dass MT im September 1748 die Erlaubnis zur Rückkehr in das jüdische Viertel in Prag genehmigte, welches total zerstört und ausgeplündert war.8

1781-1789 Im Habsburgerreich erlässt Joseph II. (1780-1790; seit 1765 röm. Kaiser) regional und zeitlich gestaffelt Toleranzedikte bezüglich Akatholiken9 und Juden (1781 Böhmen; 1782 Mähren; 1783 Ungarn; 1789 Galizien). Bedingung für die Verbesserung der Juden ist eine Modernisierung des Schulwesens, die Erziehung zu nützlichen Staatsbürgern und eine unauffällige öffentliche Religionsausübung.


  1. bedeutete im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit im süddeutschen Sprachraum so viel wie Insel
    ↩︎
  2. Bild aus „Die Mazzesinsel“, Juden in der Wiener Leopoldstadt 1918-1938, Hrsg. Ruth Beckermann, Löcker Verlag 1984, Seite 13, ISBN 3-85409-068-4
    Buchbeschreibung im Standard vom 4. Februar 2016 ↩︎
  3. Geschichte der Juden in der Wiener Leopoldstadt ↩︎
  4. Buchbeschreibung im Standard vom 4. Februar 2016 ↩︎
  5. Zweck der Einführung der Familiantengesetze war es, die Zahl von Juden in den Kronländern der Habsburgermonarchie möglichst niedrig zu halten. Die festgelegte Anzahl von Familien betrug in Böhmen 8.451, in Mähren 5.106 und in Schlesien 119. Im Toleranzpatent von Joseph II. von 1791 wurden die Gesetze ausdrücklich bestätigt, wobei die Anzahl geringfügig erhöht wurde: in Böhmen auf 8.600 und in Mähren auf 5.400. ↩︎
  6. Jüdische Geschichte in Daten, Johann Maier, Verlag C.H. Beck, München 2005, Seite 73ff, ISBN3-406-52827-9 ↩︎
  7. MT = Maria Theresia ↩︎
  8. MARIA THERESIA UND DIE BÖHMISCHEN JUDEN von Stefan Plaggenborg ↩︎
  9. Akatholiken (griech., »Nichtkatholiken«), von der römischen Kurie, früher allgemein (besonders in Österreich und Bayern) gebrauchte Bezeichnung der nichtkatholischen Christen, namentlich der Protestanten ↩︎

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